Definition und Modelle

Gleitzeit

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So gestalten Sie die Arbeitszeiten im Unternehmen flexibel

Gleitzeit ist ein Arbeitszeitmodell, bei dem Arbeitnehmer die Freiheit haben, selbst über Beginn und Ende ihres Arbeitstags zu entscheiden. Dadurch profitieren sie von größerer Flexibilität und einer verbesserten Work-Life-Balance. Für Arbeitgeber bedeutet dies häufig, dass ihre Mitarbeiter produktiver arbeiten.

Damit Unternehmen in den Genuss dieser Vorteile kommen, müssen sie jedoch erst die rechtlichen Rahmenbedingungen kennen und die verschiedenen Gleitzeitmodelle verstehen, um das passende Modell für den eigenen Betrieb zu finden.

Gleitzeit laut Definition: Was ist Gleitzeit?

Gleitzeit bezeichnet ein Arbeitszeitmodell, bei dem Arbeitnehmer innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens den Beginn und das Ende ihres Arbeitstages selbst bestimmen. Dabei gibt es in der Regel Kernarbeitszeiten, während derer die Anwesenheit im Betrieb verpflichtend ist, und flexible Zeiträume, die frei gestaltet werden können. Auf diese Weise erhalten Angestellte größeren Gestaltungsfreiraum und größere Flexibilität bei ihrer Arbeitszeitplanung.

Gleitzeit ist laut Definition dazu da, damit Mitarbeiter größere Flexibilität bei ihrer Arbeit haben

Wie funktioniert Gleitzeit?

Das Gleitzeitmodell basiert auf dem Prinzip der Vertrauensarbeitszeit. Arbeitnehmer übernehmen die Arbeitszeiterfassung eigenverantwortlich und sorgen dafür, dass die vertraglich vereinbarte Wochen- und Monatsarbeitszeit eingehalten wird. Diese Arbeitszeiten werden oft mithilfe von Zeiterfassungssystemen dokumentiert. Dies ist für Arbeitgeber sowie die Human-Resources-Abteilung wichtig, um die gearbeiteten Stunden nachzuvollziehen und sich so rechtlich abzusichern.

Wie viele Stunden sind Gleitzeit?

Die Anzahl der Stunden, die im Rahmen der Gleitzeit geleistet werden müssen, entspricht der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Diese ist von Betrieb zu Betrieb meist unterschiedlich und wird oft in einer Betriebsvereinbarung festgelegt. Dabei ist es möglich, sowohl die tägliche als auch die wöchentliche Arbeitszeit flexibel zu gestalten, solange die Gesamtarbeitszeit eingehalten wird.

Wie wird die Gleitzeit berechnet?

Um die Gleitzeit zu berechnen, nutzen Personaler ein Gleitzeitkonto, das Überstunden und Minusstunden erfasst und mit der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit vergleicht. Darauf wird die Differenz aus den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden (IST) und den Sollstunden (SOLL) verrechnet. Die IST-Stunden setzen sich aus den erbrachten Arbeitsstunden und eventuellen Fehlzeiten zusammen.

Was ist ein Gleittag?

Ein Gleittag ist ein Tag, an dem ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Gleitzeitmodells einen ganzen Tag freinimmt, um angesammelte Gleitzeitstunden abzubauen. Gleittage bieten eine zusätzliche Flexibilität und tragen zu einer besseren Work-Life-Balance bei.

Was ist der Unterschied zwischen Überstunden und Gleitzeit?

  • Überstunden: Entstehen, wenn ein Mitarbeiter aus betrieblicher Notwendigkeit mehr als die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit arbeitet. Diese zusätzlichen Stunden werden in der Regel extra vergütet oder durch Freizeitausgleich abgegolten.
  • Gleitzeit: Erlaubt es Arbeitnehmern, die vorgegebene Arbeitszeit flexibel innerhalb eines bestimmten Rahmens zu verteilen. Überstunden können auch im Rahmen von Gleitzeitmodellen anfallen, wenn die Höchstdauer der flexiblen Arbeitszeit überschritten wird.

Können Gleitzeitstunden verfallen?

Gleitzeitstunden oder Überstunden können in der Regel nicht verfallen. Häufig besteht in Unternehmen eine dreimonatige Ausschlussfrist. Wenn keine oder eine unwirksame Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag festgelegt wurde, gilt gemäß § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine dreijährige Verjährungsfrist.

Jedoch gibt es Ausnahmen:

  • Die Gleitzeitstunden wurden nicht innerhalb eines festgelegten Ausgleichszeitraums (oft Quartals- oder Jahreszeiträume) abgebaut.
  • Die Überstunden sollen durch einen Freizeitausgleich abgegolten werden, jedoch  erkrankt der Arbeitnehmer während dieses Zeitraums.

Hinweis: Kündigt der Mitarbeiter oder wird entlassen, werden die Überstunden meist durch Freizeitausgleich oder eine Vergütung entlohnt.

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Gleitzeit und Arbeitsrecht – was gilt?

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) setzt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die gleitende Arbeitszeit. Hier werden u.a. die tägliche Höchstarbeitszeit, Ruhe- und Pausenzeiten sowie Vorgaben zur Zeiterfassung in Unternehmen geregelt.

Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge können zusätzliche Regelungen zum Zeitmanagement enthalten, die für die jeweilige Branche oder den Betrieb gelten. Diese betrieblichen Vorgaben zur Gleitzeit müssen immer schriftlich festgehalten werden und die folgenden Punkte enthalten:

  • Kernarbeitszeit
  • Dauer der Gleitzeitperiode
  • Gleitspanne (auch: Eingleiten und Ausgleiten)
  • Maximale tägliche Arbeitszeit
  • Überstundenregelung
  • Vorgaben zur Dokumentation der Gleitzeit

Hinweis: Arbeitgeber können Gleitzeit über das Direktionsrecht flexibel einführen und abschaffen, wenn kein Betriebsrat vorhanden ist. Bei einem vorhandenen Betriebsrat ist nach § 87 Absatz 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrvG) dessen Zustimmung erforderlich.

Welche Gleitzeitmodelle gibt es?

Es gibt verschiedene flexible Arbeitszeitmodelle, die sich je nach betrieblichem Bedarf und den Wünschen der Mitarbeiter unterscheiden.

Die wichtigsten Modelle der Gleitzeit sind:

Modell A: Einfache Gleitzeit

Arbeitnehmer können frei entscheiden, wann sie ihre Arbeit beginnen und enden, müssen pro Tag jedoch ein Mindestmaß an Stunden erreichen. In der Regel liegt die Mindestarbeitsdauer bei 8 Stunden.

Modell B: Gleitzeit mit Kernarbeitszeit

Bei diesem Modell gibt es festgelegte Kernarbeitszeiten, während derer die Mitarbeiter anwesend sein müssen. Außerhalb dieser Zeiten können die Mitarbeiter flexibel arbeiten. Die Kernarbeitszeit sorgt dafür, dass dort wichtige Meetings und Abstimmungen stattfinden.

Modell C: Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit

Dieses Modell bietet maximale Flexibilität, da keine festen Kernarbeitszeiten vorgeschrieben sind. Mitarbeiter gestalten ihre Arbeitszeit frei, solange sie ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit erfüllen.

Modell D: Qualifizierte Gleitzeit

Kombiniert die Flexibilität der Gleitzeit mit bestimmten Anforderungen an die Arbeitszeitdokumentation und -kontrolle. Angestellte bestimmen selbstständig über ihre Arbeitszeiten sowie die Menge der gearbeiteten Stunden. Dadurch erhalten sie die maximale Flexibilität bei der Planung ihres Arbeitstages.

Die vertraglich festgehaltene wöchentliche, monatliche oder jährliche Gesamtarbeitszeit wird in einem Gleitzeitkonto festgehalten. Minus- und Überstunden werden zum Ende einer Gleitzeitperiode beglichen.

Die qualifizierte Arbeitszeit gibt es zudem in 4 weiteren Varianten:

1. Gleitzeit mit Funktionszeit

Die Funktionszeit ist eine Variante der Gleitzeit mit Kernarbeitszeit. Jedoch bezieht sich die Funktionsarbeitszeit nicht auf einzelne Mitarbeiter, sondern auf gesamte Teams. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass bestimmte Abteilungen in einem gewissen Zeitrahmen garantiert funktionsfähig sind. Das heißt, dass zu den Funktionszeiten immer genügend Mitarbeiter anwesend sind, um die vorgegebenen Aufgaben zu bewältigen.

Dieses Gleitzeitmodell eignet sich daher nur für Bereiche, in denen sich die Mitarbeiter gegenseitig jederzeit vertreten können, wie Callcenter-Mitarbeiter oder Kassierer.

2. Jahresarbeitszeitkonto

Eine jährliche Sollarbeitszeit wird festgelegt, die die Mitarbeiter flexibel auf Wochen oder Monate verteilen. Die Plus- und Minusstunden werden auf einem Arbeitszeitkonto erfasst und der Monatslohn bleibt – unabhängig von den monatlich geleisteten Stunden – gleich.

Wichtig ist, dass die vertraglich vereinbarte Durchschnittsarbeitszeit zum Abschluss eines Geschäftsjahres korrekt ist.

3. Lebensarbeitszeitkonto

Dieses Modell ermöglicht es, Arbeitszeit oder Gehalt über einen Zeitraum von einem Jahr zu sammeln. Später können sich Angestellte dann bezahlt freistellen lassen, z.B. in Form eines Sabbaticals, einer verlängerten Elternzeit oder um früher in die Rente einzutreten.

Wichtig: Während Angestellte in das Lebensarbeitszeitkonto einzahlen, fallen keine Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge an. Diese sind erst fällig, sobald sie auf das Konto zugreifen möchten.

4. Ampelkonto

Das Ampelkonto-Modell verwendet ein System von Ampelfarben, um den aktuellen Stand des Arbeitszeitkontos anzuzeigen:

  • Grün: Die Arbeitszeit befindet sich im normalen Rahmen.
  • Gelb: Die geleisteten Stunden wurden überschritten (meist zwischen 20 und 30 Plus- oder Minusstunden) und sollten bald ausgeglichen werden.
  • Rot: Die Sollarbeitszeit wurde mit mehr als 30 Stunden erheblich über- oder unterschritten.

In allen 3 Fällen sollte mit den Vorgesetzten abgesprochen werden, wie die Plus- oder Minusstunden auszugleichen sind oder ob eine Anpassung der Arbeitszeiten nötig ist.

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Was sind bei der Gleitzeit die Vor- und Nachteile?

Die Gleitzeitregelung mit ihren verschiedenen Modellen bringt diverse Vor- und Nachteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit sich, die vor der Implementierung zu beachten sind.

Gleitzeit-Vorteile für Arbeitgeber:

  • Höhere Produktivität
  • Besser zu bewältigende Arbeitsbelastungsspitzen
  • Geringerer organisatorischer Aufwand
  • Leichtere Personalplanung
  • Zusätzlich anfallende Arbeit kann bei Bedarf erledigt werden
  • Fehlzeiten werden reduziert
  • Arbeitszeiten können saisonal angepasst werden
  • Verbesserte Mitarbeiterzufriedenheit und angenehmeres Betriebsklima
  • Stärkeres Employer Branding
  • Höhere Mitarbeiterbindung und niedrigere Fluktuationsrate

Gleitzeit-Vorteile für Arbeitnehmer:

  • Direkter Einfluss auf die Arbeitszeitgestaltung
  • Mehr Eigenverantwortung und Zufriedenheit am Arbeitsplatz
  • Bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben
  • Effizienteres Pendeln, da Hauptverkehrszeiten umgangen werden
  • Persönlicher Tagesrhythmus wird berücksichtigt
  • Leistungssteigerung durch individuellen Arbeitsrhythmus

Gleitzeit-Nachteile für Arbeitgeber

  • Erhöhter Abstimmungs- und Verwaltungsaufwand bei der Zeiterfassung
  • Verbindliche, schriftliche Regelung nötig
  • Betriebsrat muss eingebunden werden
  • Nicht für alle Abteilungen geeignet, was zu Unzufriedenheit führen kann
  • Erschwertes Teambuilding
  • Arbeitsschutzgesetz könnte gebrochen werden
  • Minusstunden werden möglicherweise übersehen
  • Risiko des Missbrauchs

Gleitzeit-Nachteile für Arbeitnehmer

  • Hohe Selbstdisziplin erforderlich
  • Kollegen sind nicht jederzeit erreichbar
  • Geringer Teamgedanke
  • Geringe Flexibilität auf Tage und Wochen gerechnet
  • Nicht alle Bereiche für Gleitzeit geeignet
  • Überschuss an Plus- und Minusstunden möglich

Disclaimer

Die Inhalte dieses Beitrags sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar. Bitte wenden Sie sich bei konkreten rechtlichen Fragen an einen spezialisierten Fachanwalt.

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